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Udo Lindenberg bringt das Dynamo-Stadion zum Kochen

19.06.2022

Ein heißer Sommerabend mit Vollgas: Vor mehr als 25.000 Fans präsentierte Panikrocker Udo Lindenberg in Dresden Songs aus 50 Jahren - und flog am Ende im Ufo davon.

Dresden. Wer eine derartig singuläre Stellung in der deutschen Rock-Szene hat, kann sich einfach nicht von anderen die Bude vorheizen lassen. Udo Lindenberg verzichtet bewusst auf eine Supportband, seine Fans bringt der 76-Jährige lieber selbst auf Touren. Mit Vollgas selbstverständlich. Von null auf hundert in weniger als fünf Sekunden - das muss ihm erst mal jemand nachmachen. Am Sonnabend legte der Altmeister jedenfalls ein zackiges Tempo vor; mit dem ersten Ton gingen im sehr gut gefüllten Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion 25.000 Fans ab wie ferngezündet.

Udo Lindenberg mit der Kondition eines Teenagers

In der ohnehin noch sommertagheißen Arena wurde es umgehend ein paar Grad wärmer. Wer einen Sitzplatz hatte, blieb folglich auch darauf sitzen. Nur keine Anstrengung zu viel. Erst zu vorgerückter Stunde war bloßes Mitklatschen und Handy-Schwenken dann doch keine Option mehr. Spätestens bei „Candy Jane“ kam von der Bühne eine derartige Wucht, wirkte das „Udopium“ so intensiv, dass sich nahezu jeder den kollektiven Bewegungen anschloss. Zum Lohn gab es eine fette Ladung Luftschlangen und anschließend noch einen komplexen Abgesang.

Lindenberg hingegen glänzte mit der Kondition eines Teenagers. Er flitzte schon beim ersten Auftritt von der Hauptbühne auf dem Laufsteg rein in die Massen und zurück. Irgendwann war über die drei großen Videowände zu sehen, wie ihm das schweißnasse Haar am Kopf klebte, dreimal wechselte er das Jackett, weil es höchstwahrscheinlich zum Auswringen weitergereicht werden musste.

Ein bisschen plaudern, ein bisschen tänzeln, gelegentlich einem Kollegen den Vortritt lassen. Wirkliche Pausen waren das nicht. Man muss es einfach wiederholen: Der Mann ist 76, hatte nicht den gesündesten Lebenswandel und zieht bei über 30 Grad reichlich zwei Stunden auf einer riesigen Bühne durch. Allein schon vor dieser körperlichen Leistung ist unbedingt der Hut zu ziehen.

Den behielt Lindenberg konsequent auf, die Sonnenbrille nicht. Wichtiger ohnehin: Er servierte zwei Dutzend Songs aus gut 50 Bühnenjahren. Darunter Frühwerke wie „Cello“ oder „Alles klar auf der Andrea Doria“ vom gleichnamigen Durchbruch-Album aus dem Jahre 1973. Zur Eröffnung wurde „Woddy Wodka“ vom 2008er-Werk „Stark wie Zwei“ gereicht, dem tatsächlich ersten Nummer-eins-Album in der langen Karriere Udo Lindenbergs. Ruhigere Songs wie etwa „Kompass“, eine von vier nagelneuen Nummern auf der im Mai 2021 veröffentlichten Werkschau „Udopium“, die der Tour auch ihren Namen gab und wie so vieles wegen Corona zunächst verlegt werden musste, entfalteten erstaunlicherweise in dem nicht für Feinheiten ausgelegten Stadion dennoch eine tiefgehende Wirkung.

Ohnehin brauchte es nicht Udo Lindenbergs Versicherung, sich in der Live-Abstinenz so sehr nach derlei Momenten gesehnt zu haben. Das konnte man sehen, mindestens spüren. Und den Fans ging es letztlich ja nicht anders. Endlich kamen sie in den Genuss einer neuen Udo-Live-Show. Und die hat mit einem schlichten Rock-Konzert nicht mehr viel zu tun.

Von der Anreise im Jumbojet-Raumschiff bis zum Abflug in einer Art Ufo-Cabriolet bot der Panikrocker viel Effektgewitter und somit weit mehr als nur ein bestens eingespieltes Panikorchester auf. Schnittige Bläsersätze, Gitarren-Soli, klar, das gehört dazu. Doch obendrein räkelte sich eine Riege Tänzerinnen mal lasziv, mal gingen sie wie bei „Jonny Controlletti“ auf einem Stahlträger in die Luft oder schwebten bei „Cello“ Cello spielend über der Bühne. Mit „Kids on Stage“ kam ein eigener Kinderchor zum Zuge, nicht nur bei „Wozu sind Kriege da?“, sondern auch, um anderen Songs durch Stimmmasse das richtige Stadionformat zu verpassen. Eine Artistin mischte ebenfalls mit. Doch letztlich zählte nur eins: Udo.

 
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