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Vor 50 Jahren: Panikorchester in Münster gegründet

10.08.2023

Das berühmte Panikorchester von Chartstürmer Udo Lindenberg ("Komet") wurde nicht etwa in Hamburg, sondern in Münster gegründet. Zum ersten Mal kam die Band am Nevinghoff zusammen.

Das Sendergebäude von ANTENNE MÜNSTER am Nevinghoff 14/16 gab es vor 50 Jahren noch nicht. Damals, im Sommer 1973, stand hier in der Nähe auf einer Wiese ein alter Bauernhof. Ein gewisser Karl-Georg Stephan hatte damals dort eine Scheune gemietet, als Probenraum für seine Band. Die fünf Musiker übten Songs wie "Cello" oder "Alles klar auf der Andrea Doria". Einer der Jungs hieß Udo. Die Band, die damals am Nevinghoff probte, war - das Panikorchester. Mit Sänger Udo Lindenberg und dem Bassisten Karl-Georg Stephan, genannt Steffi Stephan: "Hier sind wir wirklich angefangen. Es ist schon ein magischer Ort hier" sagt Steffi Stephan, als er mit ANTENNE MÜNSTER-Chefredakteur Stefan Nottmeier vor dem Sendergebäude von ANTENNE MÜNSTER am Nevinghoff steht. In der Hand hält er das Album "Alles klar auf der Andrea Doria", dessen Songs hier in Münster entstanden sind.

Steffi Stephan: "Wollte in Münster nicht alles aufgeben"

Der Nevinghoff im Norden Münsters: Ein magischer Ort also, sagt Steffi Stephan im ANTENNE MÜNSTER-Interview. Er hat uns auch erklärt, warum eigentlich Münster letzlich der Gründungsort für das Panikorchester wurde. Udo Lindenberg aus Gronau wohnte damals ja schließlich schon in Hamburg. "Für die erste Platte habe ich meinen Job in Münster gekündigt und bin mit Udo nach Hamburg gegangen. Aber es lief nicht gut in Hamburg und ich war nach einem halben Jahr zurück in Münster. Für die zweite Platte „Daumen im Wind“ habe ich mir Urlaub genommen. Als Udo dann mit den Plänen für „Andrea Doria“ kam, da habe ich gesagt: Ich gebe hier nicht wieder alles auf. Wenn, dann können wir das nur in Münster machen. Und so ist es eigentlich gekommen, dass wir das Panikorchester in Münster gegründet haben."

Die anderen Bandmitglieder kamen also einfach nach Münster und wohnten allesamt bei Steffi drei Monate lang in einer WG am Friesenring 77. Danach ging es mit den geprobten Songs nach Hamburg in die Teldec-Studios, wo sie das Album "Alles klar auf der Andrea Doria" aufnahmen. Es wurde ein großer Erfolg und war der Durchbruch der Band. "Wir haben damals ganz fest daran geglaubt, dass es was wird", erzählt Steffi im Interview. Der Rest ist Geschichte und Udo hat später nochmal einen Song zu den Anfängen auch in Münster gemacht: „Niemals dran gezweifelt“.

"Erst Wurst verkaufen, dann die neuen Songs üben"

Steffi erinnert sich im ANTENNE MÜNSTER-Interview auch an die Zeit der Proben am Nevinghoff - mit der Band, die später das Panikorchester wurde: "Ich war morgens immer als Wurstverkäufer mit dem Wurstwagen unterwegs, bin um 6 Uhr angefangen und war immer so um 14 Uhr am Nachmittag fertig. Unsere Proben begannen dann gegen 16 Uhr und dauerten immer bis nachts um zwei. Dann habe ich nur drei oder vier Stunden geschlafen. Manchmal ist es passiert, dass mich die Kunden, bei denen ich vorgefahren war, im Auto wecken mussten"

Als offizieller Termin der Bandgründung wurde der 13. August 1973 benannt. Historisch ist das allerdings nach ANTENNE MÜNSTER-Recherchen nicht haltbar. Das Album "Alles klar auf der Andrea Doria" wurde bereits im Juli 1973 in den Teldec Studios in Hamburg aufgenommen. Die Band um Udo Lindenberg und Steffi Stephan muss demnach in den Monaten April, Mai und Juni in der Scheune am Nevinghoff geprobt haben. In dieser Zeit wurde auch der Name gefunden. Steffi Stephan ist sich sicher, dass er die Idee dazu hatte: "Wir haben ein kleines Konzert im Kolpinghaus in Telgte gespielt. Da gab es Leucht-Schilder für die Notbeleuchtung. Das hieß aber damals noch Panikbeleuchtung. Da habe ich spontan gesagt: Wir nennen uns Panikorchester"

Weitere kleine Konzerte in Emsdetten und in einem Schwulenclub an der Stiftsherrenstraße folgten.

Legendäre erste Pressekonferenz in München

Das Album, das am Nevinghoff seinen Anfang nahm, hieß am Ende "Alles klar auf der Andrea Doria" und wurde am 15. Dezember 1973 veröffentlicht. Steffi erinnert sich an eine legendäre Pressekonferenz in München, bei der die Band erste Songs aus dem Album vor der Presse vorspielte: "Das war eine große Präsentation unserer Plattenfirma Teldec und wir hatten vorher schon ziemlich viel getrunken, wir waren damals keine Kostverächter. Hinterher weiß ich nur, dass der Direktor der Teldec Kurt Richter dem damalige Promo-Chef Günter Bräunlich gesagt hat: Herr Bräunlich, bitte beenden Sie dieses unwürdige Schauspiel! Am nächsten Tag stand in der Zeitung: Wir haben die Zukunft des Rock'n'Rolls gesehen in Deutschland."

Mit den Songs vom Album "Alles klar auf der Andrea Doria" ging das Panikorchester dann auch auf Tournee.

Steffi Stephan ist auch nach dem Riesenerfolg immer in Münster geblieben und wurde in unserer Stadt dann auch bekannt als Begründer und Chef des legendären Musikclubs "JOVEL". Und eine Anekdote hat Steffi auch noch für uns. Zusammen mit Udo hat Steffi nämlich Mitte der 60er-Jahre Musik studiert, an der alten Musikhochschule in Münster an der Nordstraße. Bis der damalige Direktor die beiden hochkant rauswarf. Mit den Worten: "Meine Herren Lindenberg und Stephan, wollen Sie wirklich weiter diese Hottentotten-Musik machen – oder aber richtige Musik? Wir entschieden uns für die Hottentotten-Musik und wurden exmatrikuliert." Und so endete das Studium nach zweieinhalb Jahren ohne Abschluss.

Text: Antenne Münster
Fotos: Tine Acke, Udo Lindenberg Archiv

Quelle: Antenne Münster, 09.08.2023