21. Oktober 2008 „Es gibt noch Eierlikör“

SWR3-Hautnah in Baden-Baden

Woran erkennt man eigentlich das Original? Bei Udo Lindenberg ist das so eine Sache: etliche Doppelgänger von ihm rannten natürlich auch beim hautnah-Konzert im Theater von Baden-Baden rum. Das Original haute dann zu Beginn aber so richtig auf die Kacke: Udo kam im dicken Nebel als Astro(Udo)naut mit riesen Helm auf die Bühne gestapft – dazu fetter Panikorchester-Sound. Und als der Mann sich nach und nach aus seinem Kostüm schälte, konnte man sich endgültig sicher sein, dass da das Original mit dünnen Beinchen über die Bühne tänzelt. Wenn dem Udo dann in unfassbar engen Hosen von seinem langjährigen Bodyguard und Freund Eddy Kante auf dem Silbertablett die Lederstiefel gereicht werden, lebt der Kult weiter. „Immer direkt aus der Frischhaltefolie kommen wir “, wie uns Udo versichert.

Bevor aber irgendjemand auf die Idee kommen konnte, dass sich hier selbstverliebte Oldies mit alten Hits durch die Vergangenheit rocken, ließ Udo die Mädels raus. Eine nach der anderen, jede mit starken Stimmen und dem besonderen Etwas. Sie alle zusammen veranstalten sowas wie ein Varieté auf der Bühne. Die eine auf den Händen einlaufend, die nächste mit ein paar gewagten Verrenkungen, aber alle mit viel Talent. Das hat auch Carola, seine langjährige Freundin, die als Gitarristin in hohen Stiefeln eine ganze Reihe von klasse Solos abfeuerte. Nachdem fünf als Senioren verkleidete Herren zu „Der Greis ist heiß“ ihre Stöcke schwingen, weiß Udo danach: „Die gehen ab wie’s Zäpfchen“.

„Solange er auf Tour ist, gibt es noch Eierlikör“: Was man am Anfang der Show noch als witzigen Spruch belächelte, lebte die gesamte Besetzung während einer der vielen Zugaben tatsächlich. Eddy Kante serviert der Band das Gesöff, während die anderen abrocken. Ganz große Show, und nachdem der Sonderzug nach Pankow weg ist und alles klar ist auf der Andrea Doria, da steht der kleine Udo auf einmal neben dem Astronaut, der er doch eben noch selber war. Und während das Lindenberg-Original im Nebel verschwindet, wackeln die Hüte der Doppelgänger zufrieden im Theater auf und ab.

Text: Marcel Großmann