Seit 30 Jahren ist Rockstar Udo Lindenberg auch Maler. Ein Gespräch über Gott im Bild, rechte Fans und die Verantwortung zur Hoffnung.
Ein später Frühlingsabend im Hamburger Hotel "Atlantic", die Sonne ist längst in die Alster geschmolzen, von seinem Sofa in der Präsidentensuite kann man den müder werdenden Verkehr beobachten. Feierabend für die meisten – produktiver Tagesbeginn bei Udo Lindenberg. Gerade eben war noch kurz Nana Mouskouri zu Besuch, die wollte jetzt aber runter ins Restaurant.
Zwei große Werkschauen werden in diesem Jahr Zeugnis von Lindenbergs Malerei der vergangenen 30 Jahre ablegen. Was wohl viele überraschen wird: Neben den populären, bunten Rock-Art-Motiven überwiegt in Lindenbergs Œuvre der politische Strich. Seine aktuelle Ausstellung im Neuen Kunstmuseum Tübingen umfasst mehr als 200 Werke. Ende Juni eröffnet eine weitere in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen. Lindenberg, kein Freund sprachlicher Distanz, möchte im Gespräch geduzt werden.
Udo, du lebst seit 30 Jahren im Hotel "Atlantic" und malst ebenso lange. Gibt es da einen Zusammenhang?
Reiner Zufall, wobei die Hotelbar schon Startkulisse war für die Malerei. Ich hatte zu der Zeit einen gelegentlichen Beratervertrag mit jungen aufstrebenden Pegel-Kunst-Trinkern, trank auch selbst die Profi-Dosis zum inspiratorischen Anfeuern in Sachen Kunst und Alltag. Ich saß also leicht breit und gut angeschraubt unten an der Bar, den ganzen Tag und auch die ganze Nacht durch – einer muss der Sonne ja sagen, wann sie wieder aufgehen soll, ne?
Du warst Alkoholiker?
So hart würd ich das nicht sagen, ein Begriff wie Erleuchtungs- und Erkenntnistrinker würde schon besser passen. Also ich an der Bar – kamen natürlich immer mal wieder Fans vorbei, wollten ein Udogramm, so eine kleine Skizze aufm Bierdeckel. Und eines Tages kippte dabei ein Likörglas um, Blue Curaçao, auf meine kleine Konterfei-Zeichnung. In dem Moment schien plötzlich die Sonne durchs Atrium, die bunten Buddels im Barregal leuchteten. Wow, dachte ich, was für geile Farben! Das Grün des Absinths. Dieses Grenadine. Eierlikör: goldene Zeiten. Also habe ich mir ein paar geben lassen und mit dem Finger aufs Papier getupft. So entstand das Likörell, gleich patentieren lassen.
Die Malerei wurde eine neue Leidenschaft.
Eine Besessenheit auch. Die hat mich richtig überkommen. Wenn ich nachts im Bett lag, bisschen loaded, bisschen angefeuert, war da plötzlich diese Dringlichkeit: Ich muss jetzt aufstehen, ich geh jetzt ins Atelier, das Faust-Bild braucht noch drei Spezialstriche.
Muss man jetzt dafür wissen: Du hattest damals einen Zyklus zu Goethes "Faust" in Bearbeitung.
Mich hat das sehr angesprochen, all diese Exzessreisen und Abenteuer, die Faust unternimmt, um immer wieder einen noch höheren Kick zu finden. Weil das ja auch meine Story war. Ich hatte schon echt viel erlebt, da fragst du dich irgendwann: Was kann mich jetzt noch richtig ankicken, Richtung Eldorado? Welche gezielten Anturn-Wirkstoffe, die ich noch nicht kenne? Welche Lieben? Welche Länder und andere Kulturen? Dann bin ich nach Weimar, bin da auf Fausts Spuren gewandelt, richtig tief rein in die Geschichte: Wie finde ich des Pudels Kern?
Und wenn diesem Faust-Werk dann also drei Striche fehlten ...
… konnte ich nicht pennen, bis die gemacht waren. Das war wie mit der Musik. Da lag ich auch oft wach und dachte plötzlich: Ey, diese drei Bassdrum-Beats, die stimmen noch nicht so ganz. Dann musste mein Producer Thomas Kukuck, der arme Kerl, mitten in der Nacht aus Blankenese nach Eimsbüttel ins Studio eiern, um die Beats geradezuziehen. Zu der Zeit nannte man mich auch schon mal Udo Nervenberg, ein vom Wahn geknutschter Perfektionist.
Deine erste Ausstellung hattest du 1996 im Erotic Art Museum auf St. Pauli, drei Jahre später dann eine sehr seriöse in Weimar.
In den Kunstsammlungen zu Weimar hing plötzlich eines meiner Bilder neben einem Werk von Leonardo da Vinci, aus der Privatsammlung von Johann Wolfgang von Goethe. Fand ich schon sehr kess. Tja, aber das ist so der Weltenspagat, von der Ritze bis zum Kanzleramt, von den Tempeln der Hochkultur bis in die Stratosphäre, überall hängen meine Bilder, ja, sogar schon im Weltall. Mein Freund, der "Commander" Alexander Gerst, hat eines mit an Bord der ISS genommen.
Ist Malen freier als Musikmachen?
Es ist schön frei, ja. Auch von Termindruck. Wenn’s bei einem Bild mal nicht so läuft, kannst du’s eine Weile zur Seite legen. Wenn du im Studio bist, gibt’s andere Zwänge, 100 Symphoniker, da muss der Song dann irgendwann im Kasten sein.
Und dennoch trifft Musik die meisten Menschen wohl noch tiefer als bildende Kunst.
Ja, mag sein. Aber ich bin überzeugt, dass ein Bild die Menschen auch ganz tief berühren kann, doch, ähnlich wie ein Song, ein Film oder ein Buch. Das ist zumindest mein Anspruch, und meine Hoffnung auch: Dass wir mit Bildern richtig was bewegen und verändern können.
Was braucht es dafür?
Mir fehlt im Großteil der aktuellen Malerei die politische Haltung. Die Kunst braucht mehr politische Attacke, sonst verkommt sie zu einer rein dekorativen Maßnahme in dieser völlig entgleisenden Welt. In diesen chaotischen Zeiten müssen wir doch ein paar klare Positionen beziehen mit unseren Bildern. Nicht nur so elitäre Ego-Geschichten, bitte mehr polit- und gesellschaftskritische Attacke.
Du meinst Bilder der Kategorie hübsche Farben: schaut man gern an, lassen einen angenehm in Ruhe?
Ich mach ja auch diese Joke-Dinger, meine Rock-Art. Aber selbst die kann man vielseitig deuten. "Hör nix, sag nix, seh nix" zum Beispiel, ganz lustiges Bild auf den ersten Blick. Du kannst das aber natürlich auch so lesen: Wenn der Einzelne jetzt wegguckt, sind wir ganz schnell wieder eine Art stumme Armee, die durch Nichtstun alle Kriege und Militärverbrechen mitträgt. Stattdessen sollten wir sagen: Moment, natürlich kriegen wir voll mit, wie ihr euch gerade dranmacht, unsere Welt hier umzubauen und unsere Demokratie zu killen! So wie Trump, der jeden Tag mit neuen Sekreten um die Ecke kommt.
Du meinst …
… Dekrete, jaja, es kommt einem aber eben vor wie Sekrete. Üble Ausscheidungen von irgendeiner geistigen Seuche. Derbe abtörnend, das ganze Ding. Alles nur noch Horrorszenario: Vance, Musk, Putin und dazu noch unsere schlaffe Ampelregierung, um die herum die Rechtsextremen immer lauter werden. Und viele junge Leute wählen AfD. Protest und Schnauze voll, klaro, aber trotzdem: Wie kann man denn übersehen oder ausblenden, dass da im Hintergrund wieder die ganze völkische Nazi-Kacke hochkommt, rechtsextrem, schwer rassistisch? Björn Höcke, oh Schreck! Die neuen alten Parolen aus der schlimmsten Zeit deutscher Geschichte. Wie kann man das als Wähler denn tolerieren? Hey, Leute, sucht eure Zukunft doch nicht in der Vergangenheit!
Gibt es irgendwo in dir trotzdem auch eine Weichheit, wenn du an Menschen denkst, die AfD wählen?
Die Verzweiflung vieler Leute kann ich schon verstehen. Der soziale Absturz, den viele erleben, das Abgehängtsein, sich nicht wahrgenommen fühlen. An allem fehlt’s: keine Krankenhäuser und Ärzte, keine ordentlichen Straßen, miese Jobs. Du hängst da rum, bist sozial irgendwie vergessen und fühlst dich verarscht von der Laber-laber-Regierung. Man versteht deren Sprache nicht, und es gibt kein Vertrauen. Und so kommen dann Millionen Protestwähler auf den Plan.
Wie gehst du persönlich damit um?
Bei erklärten Nazis gibt’s nix zu reden, aber es gibt ja viele andere, die muss man nicht gleich abtun als aussätzige Idioten. Man kann sie ja vielleicht wieder erreichen, auch mit guten Songs und smarten Texten. Man muss es zumindest versuchen. Denn, Leute, eins muss klar sein: Naziland ist abgebrannt, und so muss das auch bleiben.
Mit Sicherheit sind auf deinen Touren auch AfD-Anhänger im Publikum. Wie fühlt sich das für dich an?
Ja klar, wir haben ein extrem breites Spektrum unter unseren Fans. Irgendwie ist es gut, dass da noch Kontakt ist, Aufnahmebereitschaft. Wir haben ja bei den Konzerten einen ganzen Block, in dem geht es nur um das, was wir Bunte Republik Deutschland nennen. "Na und?!", ein Song übers Schwulsein von 1978, "Wozu sind Kriege da?", "Wir ziehen in den Frieden", "Sie brauchen keinen Führer", "Vom Opfer zum Täter" – alles Songs, die von unserer weltoffenen, demokratisch-bunten Gesellschaft handeln und von unserem wunderbaren Grundgesetz, das ja alle echten Paniker voll in die Seele eintätowiert haben.
Was passiert, wenn dieser Part beginnt?
Spätestens wenn wir "Bunte Republik Deutschland" spielen, müssen auf einmal doch einige Leute kurz raus und neues Bier holen. Das ist dann auch für mich und meine Band ’ne befremdende Nummer. Na ja, sie kommen aber schnell zurück, wollen ja nix verpassen von unserer Show. Und dann stehen wir den ganzen Abend wieder alle zusammen in dieser Arena, niemand wird ausgeschlossen. Das macht mir Hoffnung. Wir müssen ja im Gespräch und in Verbindung bleiben, vor allem, je mehr polarisiert wird.
Du hast vorhin gesagt, die Kunst müsse wieder politischer werden. Was hältst du von dem Argument, dass sie auch einfach ablenken darf, reine Unterhaltung sein, Eskapismus?
Das kann ja auch mal sein. Aber große Kunst, find ich, schließt nichts aus, die betrifft das ganze Leben. Wenn du in schlimmen Zeiten nur Entertainment machst, nur Weltvergessenheit, dann ist das halt wie Schlager. Säusel-säusel und kein Klartext. Gegen die bin ich schon mal angetreten mit meinem Panikorchester, in den Siebzigern, gegen diese Feel-good-Schlagerlobby, diese damals ganz überhebliche Bande, die mich ja auch anfangs heftig bekämpft hat. "Der Typ kann ja gar nicht singen, solche Chaoten brauchen wir hier nicht! Und richtige Reime sind das ja auch nicht in seinen Liedern!"
Eine wunderschöne Beleidigung, das mit den Reimen.
Ja, und darum wollte ich die Schlagerfuzzys auch richtig schön in Angst und Schrecken versetzen, sie in Panik bringen. Deshalb hab ich das ganze Ding damals "Panik" genannt. Und 1976 einen Song geschrieben, "Gene Galaxo". Darin geht’s um einen von der Regierung erschaffenen Sänger, einen Mutanten, "unschlagbar in der Musik / nicht interessiert an Systemkritik". Der singt irgendwann: "Früher gab’s ein Wort, das hieß ‚Problem‘ / Das strichen wir aus dem Vokabular / Heute ist das Leben ja so angenehm / Nicht wahr? Jaja! Nicht wahr?!" Alles auf nice, und alle halten die Schnauze. Nee, Rock ’n’ Roll und Rebellion, so sollte das sein. Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf, sagt man doch. Also bitte mehr Politattacke, auch und gerade in der Kunst.
Welche politischen Themen hast du in deinen Bildern verarbeitet?
Ich hab immer in Zyklen gearbeitet. Nach Faust kamen die Zehn Gebote. Du sollst nicht ehebrechen. Da hab ich so einen Fredi mit erigiertem Zeigefinger gemalt. Du sollst nicht töten: Schlägerbanden in Springerstiefeln. Du sollst aber auch nicht töten im Namen der Kirche: schwer bewaffnete Religionsvertreter, ein katholischer Pfaffe mit Knarre, ein Moslem mit Sichel, einander kriegerisch gegenüber. Du sollst nicht lügen: Watergate, die Spekulationen nach 9/11. Auch zum Mauerfall hab ich viel gemalt. Das ganze Ding mit Honni.
Honecker hattest du 1987 auch eine Gitarre mit der Aufschrift "Gitarren statt Knarren" geschenkt.
Zur Friedensverständigung, ja. Gregor Gysi hat sie mir vor einiger Zeit zurückgebracht. Wir trafen uns, und irgendwann sagte er ganz beiläufig: "Ich hab aus dem Entsorgungsschrott aus Honeckers Büro übrigens deine Gitarre rausgerettet." Danke, Gregor!
Welches deiner Bilder würdest du Friedrich Merz für sein Büro im Kanzleramt schenken?
(Lindenberg denkt einen kurzen Moment nach) "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden", aus der Zehn-Gebote-Reihe.
1981 hast du "Wozu sind Kriege da?" geschrieben, einen Song aus der Sicht eines Kindes. Kannst du ihn 40 Jahre später beantworten?
Ich hab mir damals gewünscht, dass dieses Lied bei den Leuten so tief ins Herz und in die Seele geht, dass sich etwas ändert, grundlegend. Aber im Gegenteil, heute hast du Livebilder von jungen Soldaten aus dem Ukrainekrieg zu diesen Zeilen: "Sie stehen sich gegenüber und könnten Freunde sein / Doch bevor sie sich kennenlernen, schießen sie sich tot / Ich find das so beknackt, warum muss das so sein?" Und die Waffenindustriellen sitzen derweil auf den Seychellen, saufen Champagner und haben ’ne geile Zeit.
In deiner Stasi-Akte, aus der du auch Kunst gemacht hast, steht: "konsequenter Friedensanhänger mit pazifistischen Grundpositionen". Nun reden wir in Deutschland gerade wieder von Aufrüstung. Bleibst du Pazifist?
In der Grundhaltung auf jeden Fall. Unsere Vision war ja immer klar: Abrüstung, Freundschaft über alle Grenzen, eine Welt ohne Krieg und voller Gerechtigkeit für jeden. Bereichernder Kulturaustausch mit Moskau und allen Ländern. Und keinesfalls so Endlos-Milliarden für diese elende Tötungsmaschinerie, während anderswo die Kinder verhungern und nichts getan wird gegen den Klimacrash, der unsere Welt zu vernichten droht – ist doch echt ’ne perverse Lage! Mensch, wir sind doch schon in den Achtzigern zu Millionen auf die Straße gegangen gegen die ganzen Scheißraketen!
Und heute ist alles anders?
Tja, heute ist die Welt genau das Gegenteil von dem, für das wir damals angetreten sind, was wir wollten und was wir uns erträumten. Und in dieser verirrten Schwachmaten-Welt stellt man sich plötzlich die bange Frage: Müssen wir umdenken? Brauchen wir jetzt doch ’n starkes Militär? Nicht, um irgendwen anzugreifen, sondern um in der Lage zu sein, im Notfall das zu verteidigen, woran wir glauben: Demokratie, freies Denken, Weltoffenheit, sensibles Miteinander, freie Liebe, jeder nach seiner Fasson. Die große Frage, wie wir unsere freie Welt noch retten können und ob Worte und Songs und Kunst und Demos dafür ausreichen, oder ob wir uns tatsächlich auch militärisch wappnen müssten, tut meiner Pazifistenseele sehr weh und lässt mich manchmal gar nicht schlafen.
Du kommst aus einer kriegsgebeutelten Familie, dein Vater hatte im Zweiten Weltkrieg gedient.
Geredet hat er darüber nie. Da war immer nur das große Schweigen. Und natürlich die ganze Sauferei, um zu verdrängen, zu vergessen. Das ganze Trauma wegballern. Trotzdem wurde darüber ordentlich gefetzt in unserer Familie. Mein Bruder, sieben Jahre älter als ich, der wollte von unserem Vater wissen, was passiert war, was er gemacht hatte im Krieg. Manchmal ist er nachts in sein Schlafzimmer, hat riesig rumgeschrien. Gebracht hat’s nichts.
In deinen Songs und Bildern ist Gott immer wieder ein Thema. Mal als Kumpel, mit dem man in unübersichtlichen Zeiten reden kann, mal als übermächtiger Peiniger, der den kleinen Menschen drangsaliert. Bist du gläubig?
Ich hab mir schon oft gewünscht, an Gott glauben zu können. Weil ich gerne davon ausgehen möchte, dass es nach dem Tod weitergeht, dass es noch nicht vorbei ist mit uns. Der Realist in mir sagt: Es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Also freunde ich mich mit der mir angenehmeren Version an: Es geht weiter. By the way: Im Himmel ist für viele Götter Platz. Es lebe die Göttervielfalt und nie: "Du sollst keinen anderen neben mir haben." Der ganze Mist hat so viel Krieg und Leid über die Menschheit gebracht.
Im Mai wirst du 79. Deine Anti-Kriegs-Songs, deine Bilder für den Frieden sind teilweise alt, aber immer noch aktuell. Woher nimmst du die Überzeugung, dass die Menschheitsgeschichte nicht nur ein ewiger Kreislauf mit wechselndem Personal ist?
Kennst du die Lyrics meines Songs mit Max Herre, "No Future"?
Nicht auswendig.
"Wenn meine Hoffnung voll am Ende wär / Dann gäb’s für mich auch nichts zu singen mehr / Denn was soll’n dann noch solche Lieder und Gedanken / Wenn das Raumschiff Erde gesteuert wird von ein paar Kranken / Von ein paar irren Kamikaze-Piloten / Ja, sind wir denn alle solche Vollidioten / Vergeblich all die Bücher der Dichter und Philosophen / Und es regieren uns immer noch die Ganoven."
Klingt desillusioniert.
Warte, so geht’s weiter: "Nein, ich will kein Dichter sein, der Blumen bringt / An das Grab der Vernunft, und da was Schlaues singt / Che Guevara und Luther King dürfen nicht umsonst gestorben sein / Sonst pack ich mein Mikrofon für immer ein."
Aufgeben wäre Verrat an der Kunst?
Am Leben. An den Kindern. Wir dürfen doch die nächste Generation nicht hängen lassen. Wir dürfen uns nie daran gewöhnen, dass die Welt mal wieder regiert wird von Schizomaten. Es gab doch immer auch Lichtblicke. So ’n Typ wie Gorbatschow. Oder Obama, am Anfang. Und irgendwann kommen auch wieder neue Leute mit unseren Idealen und Visionen für die bessere und fairere Welt von morgen. Ich hoffe jeden Tag, dass das passiert. Wie John Lennon: "You may say I’m a dreamer / But I’m not the only one / I hope someday you’ll join us / And the world will be as one." Wir müssen diese Utopie hochhalten und dafür weiterkämpfen.
Text und Interview: Lena Steeg
Fotos: Tine Acke