Mister Nobody

Morgens, so gegen dreizehn Uhr zehn
werde ich geweckt
und es wird mir 'ne Packung Speiseeis
in den Frühstücksmund gesteckt
Ich freu' mich, und gähn' noch mal durch
und dann kicher' ich vor mich hin
denn in der Zeitung steht schon wieder drin
was ich für ein böser Bube bin
Es ist ein Leben wie auf einem Silbertablett
von Kameras umgeben, auf dem Präsentierparkett
und ich denk' mir, heut' bleib ich lieber im Bett

Wenn er dann rausgeht, stolpert er über die Fans
die im Hausflur auf ihn warten
Er setzt sich dazu, bemalt Arme und Beine
und verteilt seine Hochglanzkarten
Und in den Kneipen haut man ihm auf die Schulter
so dass sie ihm fast bricht
doch er weiß, wie das gemeint ist
und deshalb weint er nicht

Manchmal träumt er, er wär' wie früher
ein Mister Nobody
und er streunt durch die Gegend
und hängt rum in dunklen Cafés
und wilden Separees
Keiner fragt, wer er ist, selbst wenn er dreist
der Serviererin in das Strumpfband beißt
Er wär ein Nobody, ein Mister Nobody

Er fragte sich schon bei mancher Frau
die ihm so unterkam
war es sein Name, der Ruhm, die Kohle
oder war es sein privater Charme?
Und manche große Liebe ergab sich leider nicht
denn hinter all den Postern
sahen sie nie sein echtes Gesicht

Manchmal träumt er, er wär' wie früher
ein Mister Nobody
und er streunt durch die Gegend
und hängt rum und schläft im Stadtpark
Keiner fragt, wer er ist, selbst wenn er kühn
sein Lasso nach dem Mond schmeißt
um den runterzuzieh'n
Er wär ein Nobody, ein Mister Nobody

Er hätte sicher nicht ganz so viele Freunde
doch falsche Freunde gibt es sowieso zuviel
Vielleicht nur einen, der total zu ihm hält
mit dem er die Welt auf den Kopf stellt
Er wär ein Nobody, ein Mister Nobody

Text
Udo Lindenberg
Veröffentlicht
1977
Aus dem Album